Gebhardts Weinschank – Eine vergessene Weihnachtsgeschichte

Auf dem Plossenberg in Meißen, nach 1926 dann Stadtparkhöhe genannt, hat es im Winter öfter einen sehr kalten Eiswind gegeben. Dieser zog den Besuchern aus der Stadt und den umliegenden Anwohnern der Altgotischen Meissner Weinstube, Gebhardts Weinschank kräftig um die Nasen. Kein Wunder, denn die beliebte Ausflugsgaststätte lag am Rande der äußersten Kuppe des Breitenberges und bot somit den vielen Wettererscheinungen beste Angriffsflächen.

Die Kindern aus der Umgebung störte das nicht. Die tiefen und kalten Winter auf dem Plossenberg waren keine Seltenheit und damit gewohnte Bedingungen für Groß und Klein. Es wurde viel im naheliegendem Stadtpark Schlitten gefahren, Schneemänner gebaut, oder die ein oder andere Schneeballschlacht ausgefochten.

Zur alten Gaststube des Gebardts Weinschank stand die Tür immer offen. Vor allem im Winter kamen die Kinder aus der umliegenden Umgebung, um sich nach dem Toben im Schnee am alten Kachelofen aufzuwärmen. Doch nicht nur der alte Ofen und seine wohlige Wärme waren der Grund, warum die Kinder hier so gern verweilten.


Die Gaststube war zur Weihnachtszeit reichlich geschmückt. Ein Weihnachtsbaum stand in der Mitte der alten Stube und ließ die Umgebung in einem warmen gelben Licht aufleuchten, während durch das leicht undichte Fenster der Wind heulte und die Schneeflocken gegen die Scheibe drückte. Ein süßlicher Duft lag dabei in der Luft. In der Küche wurde zu dieser Zeit oft und viel Weihnachtsgebäck für die kommenden Weihnachtsfeiern gebacken.

Natürlich schauten die Kinder hier ganz genau hin. Neben dem großen Ofen war die Tür zur Küche, welche meist einen kleinen Spalt offen stand. Die große Teigrolle war durch diesen Spalt bestens erkennbar und das leichte, aber friedliche Grummeln der Küchenfrau, deutlich hörbar.

Auch wenn die Küchenfrau dabei streng wirkte und ihre Stirn vom Runzeln große, tiefe Falten hatte, konnte sie den leuchtenden Kinderaugen selten widerstehen. Es wurden oft einfach ein paar handvoll Plätzchen mehr gebacken und zum Kakao dazu gegeben. Das war in der damaligen Zeit, weder Kakao noch Plätzchen, geschweige denn beides zusammen, auf keinen Fall die Regel.

Die Nachkriegsjahre stellten Kinder auf eine harte Probe, über die heute ungern gesprochen wird. Von den wenigen Ressourcen für die Grundbedürfnisse, wie Nahrungsmittel fehlte es vor allem an Zuneigung und Geborgenheit. Viele Väter waren gefallen oder in Kriegsgefangenschaft, die Mütter damit beschäftigt, die Familie halbwegs über die Runden zu bekommen. Das war bei kinderreichen Familien nicht einfach, wenn nicht selten gar unmöglich.

Doch die etwas kratzig wirkende Küchenfrau aus Gebardts Weinschank gab sicher nicht Plätzchen und Kakao an Kindern heraus, weil sie diese nicht mochte. Mit der Zeit, auch außerhalb von Weihnachten, kamen immer wieder Kinder in die alte Gaststube und bekamen hier kostenfrei Essen und Trinken. Später entwickelte sich hier auch ein Nachmittagsprogramm für hilfebedürftige Kinder. Es wurde am alten Klavier gespielt, Geschichten aus alten Tagen vorgelesen und vor allem ein Gefühl von Geborgenheit vermittelt, was nach den verheerenden Kriegsjahren extrem wichtig für diese Kinder war.

Wir wünschen Euch von Herzen ein frohes Weihnachtsfest 2023. Dazu viel Gesundheit, viel Glück und ganz viel Harmonie zwischen dem Jahreswechsel. Allen Kindern wünschen wir eine friedvolle Kindheit ohne Krieg und Leid. Allen Erwachsenen natürlich ebenso.

Related Post

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert