Ohne Kunst und Kultur wird es still! Wirklich?

Die Kampagne „Ohne Kunst und Kultur wird es still“ habe ich mit großer Be- und Verwunderung lange beobachtet. Es ist gut, dass mit solch einer Kampagne auf die Missstände in der Branche aufmerksam gemacht wird. Nur leider kommt es für einige zu spät und solch eine Kampagne bräuchte es lange außerhalb dieser Pandemie.

Was ich damit sagen will ist einfach. Ich kann mich nicht erinnern, dass sich vor Corona jemand großartig um die kleine Kunstszene gekümmert hat. Hat man als Künstler nicht irgendeine Lobby oder großen Geldgeber hinter sich, dann ist Kunst wie das täglich Brot selbstverständlich. Mit dem großen Unterschied, dass das Brot beim Bäcker immer noch bezahlt werden muss.

Was ich damit sagen will ist kein Jammern oder Gespinne und ich bin immer wieder allen sehr Dankbar für ihre Unterstützung. Aber meine Erfahrungen sind eben nicht nur positiv, sondern mindestens genauso negativ. Ich war immer der Meinung, dass Künstler keine Künstler sind, wenn sie nicht irgendwann ihr Geld selbst verdienen und damit ihre Existenz bestreiten. In meinen Anfängen war das selbst ein schmaler Grad. Kaum einer versteht, dass man in einem halben Jahr mit seiner Kunst oder Fotografie nicht so viel Geld verdient, dass es für die Existenz reicht, selbst wenn man steigende Einnahmen vorlegen kann. Von den behördlichen Schikanen ganz zu schweigen. Also hier wurde die Kunst, die oft als alltäglich und ist doch nur ein Foto, das kann ich auch beschränkt wurde, auf keinen Fall irgendwie gefördert. Schuster bleib bei deinen Leisten war das Motto, was von vielen Seiten mitschwang.

Schon hier verabschiedete ich mich von dem Gedanken, dass Kunst existenziell funktionieren kann, weil Künstlern gar keine Chance gegeben wird, wenn sie in einer bestimmten beruflichen Lage oder Situation stecken. Die sollen erst mal ordentlich arbeiten gehen und der Gesellschaft nicht auf der Tasche liegen. Und natürlich geben viele Künstler bei solch einer Wertevermittlung schon vorher auf. Überhaupt ist es finanziell kaum machbar und viele lassen die Finger davon.

Später, als es doch gerade noch so funktionierte, aber immer noch schwammig auf und ab ging, war da wieder so eine komische Wertevermittlung im Spiel. Was, deine Fotos kosten Geld? Aber der andere Fotograf ist billiger. Heute rufen mediale Portale zum Einsenden von Fotos auf. Coole Sache, werden einige denken. Klar, dass aufrufende Medium bekommt auch kostenlos Bilder geschenkt und darf sie eventuell auch noch kostenlos redaktionell nutzen, je nachdem was beim Hochladen oder Bereitstellen in den AGBs steht. Das ließt und interessiert doch keinen Hobbyfotografen. Keine gute Ausgangsposition für Künstler und Fotografen, aber sehr lukrativ für größere Unternehmen, die dann kostenlos ihre Werbebroschüren oder Zeitungen aufhübschen. Ganz zu schweigen von Unternehmen, die sich einfach so Bilder mopsen und dein Bild dann auf einem Stadtplan auftaucht. Das prüft und interessiert niemanden, wie es dem Fotografen danach ergeht und was das für Schäden anrichtet.

Ausstellungen sind auch immer wieder so eine Sache. Ich hatte noch nicht viele. Bis auf zwei war immer das Problem der Selbstfinanzierung von Drucksachen. Und bei einer Ausstellung sollte man normal als Vorzeigeobjekte keine 40 Euro Präsentationen nehmen. Die kosten in sehr guter Qualität das Doppelte bis Dreifache. Für ein Bild wohlgemerkt. Aber selbst bei 40 Euro für ein Bild kann sich bei 10 Fotos jeder schnell ausrechnen, was für Kosten entstehen. Mal davon abgesehen, dass nachher die Bilder gewinnbringend verkauft werden müssen. Dieses Risiko steht bei allen Drucksachen, wenn kein Verlag oder Mitverdiener dahinter steht.

Dazu kommt ein weiteres Risiko, siehe den Druckfehlern des diesjährigen Kalenders, die mir selbst zum Teil gar nicht aufgefallen sind. Eine Reklamation von Seiten der Druckerei bei groben Fehlern im Druck und Verpackung, trotz einer zusätzlich bezahlten Qualitätsprüfung? Ohne enorm finanziellem Aufwand keine Chance. Dazu kommen zurecht verärgerte Kunden.

Dann gibt es so wundervolle Anfragen: „Hallo. Wir wollen heiraten, was kostet das? Guten Tag, mit wem spreche ich überhaupt? Wie lange soll ich Sie begleiten an ihrem schönsten Tag? So 7 Stunden.“ Bei dieser Anfrage brauche ich den Preis gar nicht nennen, selbst wenn er immer noch weit unter dem Preis liegt, den viele andere Fotografen veranschlagen würden. Diese Leute suchen keinen vernünftigen Fotografen, sondern einen Billigdiscounter.

Ich habe es letztens erst angesprochen. Facebook und Instagram vermitteln ein völlig falsches Bild von Fotografie und Kunst, weil die User keinen Vergleich mehr zum Originalbild haben. Das überfluten von Fotos im Netz macht ein Foto und Motiv zu nichts Besonderem mehr. Zum einen, weil das Motiv massenhaft fotografiert wird und zum anderen der Vergleich zwischen professionell und wilden Geknipse gar nicht technisch gegeben ist. Ich möchte hiermit noch mal betonen, dass es mir nicht darum geht, wenn jemand Handyfotos macht und diese privat ins Netz stellt. Daran ist überhaupt nichts auszusetzen und ist allgemein jedem selbst überlassen.

Aber auch Facebook selbst führt Künstler an der Nase herum. Es ist immer wieder sehr gut zu beobachten, wie Fotos ohne dem Hintergrund sie verkaufen zu wollen eine große Reichweite und Klicks erhalten. Sobald aber ein Foto mit inhaltlichem Text explizit aufmerksam auf einen Verkauf macht, oder ein externer Link gesetzt wird, kann man davon ausgehen, dass die Reichweite sofort halbiert wird. Das kann ich natürlich nicht beweisen und es ist eine Vermutung die auf Erfahrungswerten und Beobachtungen basiert. Logisch nachvollziehbar ist aber, denn Facebook ist kein gemeinnütziger Verein und wird ein Teufel tun, Unternehmen und ihren Produkten oder Dienstleistungen kostenlos eine große Reichweite zu schenken. Das war vielleicht mal am Anfang so und galt zum Anfüttern. Das ist auf der einen Seite natürlich verständlich und legitim. Für den kleinen Künstler ist das keineswegs die beste Lösung, vor allem jetzt in einem Lockdown. Ich bin hier allgemein der Meinung, zumindest bei Fotos und literarischen Texten, ist es ein geben und nehmen. Denn ohne Inhalte und seine User ist auch Facebook nichts. Umgekehrt gilt das natürlich ebenso.

Ich möchte Portale wie Facebook auch nicht komplett verteufeln. Sie beinhalten auch viele gute Dinge. Ich will gar nicht wissen wie viele gute Künstler es damals gab, die aber niemand kennt, weil es keine Verbreitungsmöglichkeit gab. Ein van Gogh, ein Claude Monet, ein da Vinci oder Caspar David Friedrich sind nur ganz kleine Ausschnitte aus einer großen Kunstgeschichte.

Interessant ist aber auch die Annahme, wenn Bilder auf irgendeine Art verwendet werden und das dies irgendwie Werbung für den Künstler oder Fotografen darstellt. Das Gegenteil ist meist der Fall, denn die Annahme steigt vor allem im digitalen Bereich, dass dieses Foto kostenlos ist und verbreitet sich dadurch zwar, aber in einer Nullrunde für den Urheber. Vor allem dann, wenn keine Quellenangabe getätigt wird. So blöd wie es klingt. Aber jeder der ein Foto als Titelbild ohne Quellenangabe und Einverständnis eines Fotografen benutzt, macht sich laut Gesetz strafbar. Ich persönlich habe damit bisher überhaupt kein Problem gehabt und jeder der mich danach höflich gefragt hat, durfte das jeweilige Bild benutzen. Bitte verwechselt dies nicht mit dem Teilen von Fotos und Inhalten. Beim direkten Teilen ist die jeweilige Quelle und der Urheber immer angegeben. Dies hat einen wirklichen Mehrwert für den Urheber und ist durchaus erwünscht.

Ich habe dahingehend letztens eine Diskussion erlebt und war sehr genervt. Auch wenn ich dem Fragenden wohl zu Unrecht ziemlich gegen das Schienbein gehauen habe, nerven mich solche Annahmen und die Frage, warum ich denn auf einem externen Link Bilder zum Verkauf anbiete, wenn man denn hier bei Facebook diese einfach herunterladen kann. Vor allem war ich dann erst recht genervt, als ich es erklärte und darauf die Reaktion bekam, ich solle doch eine Signatur oder ein Wasserzeichen auf die Fotos machen. Das Erklärte wurde gar nicht für voll genommen. Das meine Bilder immer eine Signatur haben, wird übersehen. Das eine Signatur kein Kopierschutz darstellt ebenso, außer ich verunstalte das Bild durch zahlreiche Wasserzeichen. Und selbst dann kann ein geübter Photoshop-User diese immer noch entfernen.

Aber an solchen Beispielen sieht man, wie mit dem Thema teilweise umgegangen wird. Ich bezahle doch kein Geld, wenn es hier auf Facebook kostenlos ist. Das ist nämlich die eigentliche Aussage hinter der eigentlich freundlichen Frage gewesen, die mich so sehr auf die Palme gebracht hat. Das man heruntergeladene Facebookfotos höchstens qualitativ als Titelbild oder Handyhintergrund nutzen kann, interessiert dabei auch nicht. Es kommt aber auch schon mal vor, dass mich User stolz angeschrieben haben und verkündeten, dass mein Bild jetzt bei ihnen im Wohnzimmer hängt, ohne das ich davon etwas weiß. Hier weiß ich immer gar nicht, wie ich reagieren soll, weil die Freude darüber echt scheint und das Nichtwissen dominiert. Auch die Qualität muss ziemlich schlecht sein. Aber das stört nicht jeden und ist wieder ein anderes Thema. Oder es war ja kostenlos, dann kann man schon mal Abstriche bei der Qualität machen. Wenn ich dann erkläre, dass sie mir damit wirtschaftlichen Schaden zufügen und dies strafbar sei, kommt völliges Unverständnis auf und man ist überrascht über meine negative Meinung. Am Ende bin ich der böse Fotograf, der doch sonst immer so freundlich und nett ist.

Genau aus diesen genannten Gründen war ich schon ein wenig überrascht über den medialen Aufschrei. Ich kann ihn verstehen und es ist eine gute Sache darauf aufmerksam zum machen, aber wirklich ernst nehmen kann ich es nicht, da viele Faktoren außerhalb dieser Pandemie ebenso eine Rolle spielen und jetzt vielleicht nur den letzten winzigen Rest zur Aufgabe darstellen. Nehmt das Alles bitte nicht persönlich, aber mit der Zeit nervt es einfach. Ich bekomme manchmal ein Unwohlsein wenn ich lese, dass sich das frühe Aufstehen doch gelohnt hat, weil ein schönes Foto daraus entstanden ist. Auch wenn ich es schön finde das ihr es schön findet und es doch auch eine Anerkennung meiner Arbeit ist, hat es sich für mich persönlich noch lange nicht gelohnt und das Unwohlsein wird auf die völlig falschen Menschen angewandt. Das wirkt sich dann auch völlig kontraproduktiv auf mein Verhalten aus und ist ungerecht anderen Gegenüber.

Aber ich meine auch, es ist wie beim Bäcker und seinen Brötchen. Es ist selbstverständlich, dass die Brötchen beim Bäcker bezahlt werden müssen. Und wenn mir die Brötchen schmecken, gehe ich des öfteren zu diesen Bäcker. Und natürlich gehe ich auch mal zu einem anderen Bäcker, weil dort die Brötchen auch sehr gut schmecken. Aber mit dem Unterschied, dass das Brötchen vorher immer bezahlt werden muss, damit ich es mir schmecken lassen kann. Und das ist ein Problem der Digitalisierung. So wie es einst üblich war, sich Filme, Musik und Spiele einfach herunterzuladen. Was gab es damals für Abmahnwellen, bis sich Steam und andere Dienstleister etablierten und sich das Blatt extrem gewendet hat.

Oder nehmen wir als Beispiel die Zeitungsverlage. Die haben nicht umsonst Bezahlschranken und Abos eingeführt. Auch dagegen hagelt es immer noch massive Kritik, was ich bei bestimmten Themen aber sogar nachvollziehen kann. Und dennoch muss der Redakteur und weitere Angestellte bezahlt werden, auch wenn diese Arbeit eben nur visuell digital greifbar ist. Ich denke, dass ist auch das Problem. Ein Brötchen halte ich in der Hand und habe direkten Kontakt mit dem Erzeuger. So ist ein Foto oder Text einfach nur digital visualisiert. Den Text oder das Foto empfinde ich als gut oder schlecht. Ist er gut, kopiere ich ihn mir halt, merkt ja niemand. Zeitungsverlage und die Spielindustrie haben eine enorme Lobby und konnten das Problem soweit lösen. Mit finanziell großen Aufwand. Kleine Künstler können das nicht.

Dabei geht es mir auch nicht um den finanziellen Hintergrund und das ich eine arme Socke bin und alle mir etwas Böses wollen oder jeder und ständig meine Bilder kaufen soll, oder das ich der tollste Fotograf der Welt bin. Da gibt es Menschen mit größeren Sorgen und Problemen. Es geht mir aber darum, dass Facebook und Instagram Vorschaubilder präsentieren und keine endgültigen Werke darstellen und das diese Werke dennoch Eigentum des Urhebers sind und dahinter teilweise ein großer Aufwand steckt, auch wenn dieser nicht sichtbar ist. Das Nutzen von Fotos im privaten Bereich, also dem Speichern auf einem Medium ohne Vervielfältigung, sehe ich grundsätzlich nicht negativ, wäre aber auch nicht begeistert, wenn es ganze Sammlungen darstellt. Ein digitale Fotosammlung setzte ich persönlich gleich mit einem ausgedruckten Fotoalbum. Ich kann es genauso oft ansehen und sogar viel mehr und öfter zeigen, da ich es immer bei mir habe. (Handy etc.)

Das bestimmte Vorgehensweisen Künstler und Fotografen enormen Schaden zufügen, weil die Geiz ist geil Mentalität überwiegt, oder weil einfache Mechanismen ausgenutzt werden. Und klar ist, dass diese ausgenutzt werden, solange sie bestehen. Da kann ich nicht mal jemanden einen direkten Vorwurf machen. Facebook zum Beispiel hat einen herunterladen Button bei allen Fotos. Das lädt regelrecht dazu ein, Bilder zu speichern und gegebenenfalls woanders hochzuladen.

Es wird mir vielleicht auch gerade jetzt so deutlich, weil es in dieser Corona-Pandemie eben noch viel schlechter um kleine Künstler steht, als es sonst schon aus den eben genannten Gründen stand. Und weil selbst jetzt größerer Unternehmen noch weniger auf professionelle Fotos zurückgreifen, weil sie selbst rudern und rechnen müssen. So richtig kann man niemanden einen Vorwurf machen und dennoch bestehen die Probleme und richten großee Schäden an.

Bitte bedenkt, dass ich hier nur aus meinen subjektiven Erfahrungen heraus diesen Text verfasst habe und dieser nicht allgemeingültig auf alles anwendbar ist. Vielen Dank fürs zuhören und die bisherige Unterstützung.

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