Am Abend des 4.10.2021 passierte es. Ähnlich einem Super-GAU war ab 18 Uhr Facebook und Instagram nicht mehr erreichbar. Hilflosigkeit, Panik und Unverständnis machten sich breit und der digitale Mensch versank in eine tiefe Krise, weil er nicht genau wusste, wie er den Abend und die Nacht sinnvoll verbringen könnte.
Auch Medien stürzten sich wie ausgehungerte Löwen auf das Thema. Als gäbe es kein Morgen und Corona mehr, berichteten im Minutentakt Radio und Zeitungen über dieses digitale Desaster. Alle natürlich mit fast demselben Text und Inhalt. Aber Hauptsache man ist in den Suchbegriffen der weiter funktionierenden Hamsterräder vorhanden.
Ein Suchbegriff, über den ich zufällig beim Internetsurfen gestoßen bin, machte mich besonders hellhörig. Dieser lautetet wie folgt: „Facebookstörung – was tun?“
Was tun? Essen, schlafen, reden, telefonieren, ein Buch lesen, sich real mit Freunden treffen, tanzen, malen, basteln, einen Wein trinken, einen kleinen Satansbraten zeugen. Die Liste könnte man unendlich fortsetzen.
Alternativ konnte man immer noch twittern, Netflix schauen oder allgemein im Internet surfen. Twitter. Dort habe ich mich jetzt auch angemeldet. Ein merkwürdiges Wirrwarr ist das dort. Auch komische Menschen tummeln sich auf dieser Plattform. Ich dachte immer, Facebook wäre unübersichtlich und voller „Freaks“. Aber Twitter? Na ja, egal.
Für viele Menschen war die Nacht sicher lang. Aufgeregt wurde immer wieder die Facebookseite aufgerufen oder aktualisiert. Immer mit dem positiven Gedanken, dass jetzt alles wieder funktioniert, nur um dann immer wieder enttäuscht zu werden. So wie im richtigen Leben eben. Da kannst du auch machen, was du willst, das Leben hält immer wieder Arschtritte für dich bereit.
Was aber noch viel wichtiger ist. Was hat Gala, Promiflash, Bild, RTL oder Brigitte denn gerade gepostet? Wie ist das jetzt mit der Schwangerschaft von Helene Fischer. Kommt das Baby singend auf die Welt und wer ist überhaupt der Vater? Auf den Gedanken, die Seiten einfach anzusteuern und sich seine Gute Nacht Geschichte aus Belanglosigkeiten und Häme dort direkt abzuholen, kamen sicher die Wenigsten. Man müsste ja dort auch ganze Texte lesen und nicht nur die Überschrift.
Heute Morgen, nach einer kurzen Nacht aus Alpträumen und Panikattacken, ging alles wieder. Das Handy voller Belanglosigkeiten an Nachrichten und Hinweisen, wie man denn den Abend und die Nacht ohne Facebook und Instagram überlebt hat.
Das ist jetzt kein Mist. Die Bildzeitung titelte heute Morgen: Facebook, Instagram und WhatsApp offline: Wie hast du die Zeit verbracht? Ein gutes Gespür für Realsatire hat die Bildzeitung ja schon immer. Der Finger wird immer schön in die Wunde der gesellschaftlichen Abgründe gelegt und befeuert, während der Blutdruck der Leser sich im Stundentakt erhöht.
Was dann dabei rauskommt sehen wir, wenn ein Medium einen Totalausfall hat. Die Wirkung der Droge lässt nach und der Abhängige fängt an Entzugserscheinungen zu entwickeln. Hier in dem Fall wird der Blutdruck und die Aufregung gesenkt. Damit kommen viele nicht mehr klar. Drama, Gewalt und irgendein Aufreger sind wichtige Bestandteile der heutigen, digitalen Welt. Ich habe es letztens schon getwittert. Ich muss viel mehr negative Emotionen mit meinen Beiträgen wecken.
Sozusagen mehr Drama hereinbringen. Ein tief trauriges Gesicht machen und meckern, wie ungerecht und schlimm alles ist. Mit dem Finger auf andere zeigen und die Schuld bei anderen suchen. Wenn ich jetzt schreibe, ich lebe ein glückliches Leben und das verläuft zum großen Teil positiv, nimmt mir das doch heutzutage keiner mehr ab. Irgendetwas ist doch im Internet immer. Daran sollten wir uns aber nicht orientieren. Meist sieht es da draußen in der realen Welt doch völlig anders aus. Klar gibt es dort Idioten, aber der Großteil der Menschen ist doch umgänglich und nett. Kommt halt auch immer auf das eigene Auftreten und die eigenen Ansprüche an.
Aber ich frag mich bei der ganzen Hysterie ernsthaft, wie das in 20–30 Jahren aussieht. Wenn die Generation alt oder komplett verschwunden ist, die am Abend noch Kneipen, Kinos oder Theater besucht haben, wenn dann die Generation Internet und Social Media in der Mehrzahl ist und einmal das Internet ausfällt. Die rennen dann womöglich plötzlich alle im Kreis oder gegen Wände, weil der digitale Datenstrom unterbrochen ist. Dann müssen die Alten wahrscheinlich die Jungen füttern, weil diese vergessen Nahrung zu sich zu nehmen, da das Internet sie nicht darauf hingewiesen hat.
Bitte nehmt den Text nicht ganz so ernst. 😉