Petrus hat sich zum meteorologischen Frühlingsanfang etwas besonderes ausgedacht. Über Nacht vom 29.02.16 zum 1.03.16 gab es in Meißen 20 cm Neuschnee. An diesem Tag sind wir teilweise aber auch durch weitaus höheren Schnee gestiefelt, welcher durch etwas stärkeren Wind teilweise zu kleinen Schneewehen angehäuft wurde. Natürlich wird der ein oder andere Österreicher, Schweizer, Bayer oder sogar die Sachsen aus dem Erzgebirge darüber nur müde lächeln können, jedoch ist das für uns sonnenverwöhnte Meißner Elbtal-Sachsen schon eine Menge Schnee auf einmal.
Ich schnappe mir gegen halb acht meine Hündin Shiba und wir machen uns gemeinsam auf den Weg. Wohin, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Erst mal Richtung Elbe, damit der Hund von der Leine kommt. Als wir aus der Haustür treten, ist das Ausmaß des nächtlichen Schneetreibens sofort erkennbar. Jeder noch so kleinste Ast ist mit einer 4-5 cm dicken Schneeschicht bedeckt.
Wir stapfen an der Moritz Apotheke, dem Lutherplatz und dem alten Johannesfriedhof vorbei. Alles liegt hier unter einer dicken Schneedecke. Den Kindern, die gerade zur Schule gehen, scheint der viele Schnee zu gefallen. Sie betrachten erstaunt mit großen Augen den nicht alltäglichen Anblick.
Wir sind an der Elbe angekommen und ich beschließe, dass Kloster Heilig Kreuz zu besuchen. Eigentlich wollte ich heute nicht so eine große Runde drehen. Die weiße Pracht in Verbindung mit dem schönen Elbtal lässt mir jedoch keine andere Wahl.
Bevor mir uns jedoch auf den Weg machen, verlassen wir kurz den Elberadweg und besuchen die Bahnhofstraße und die Altstadtbrücke. An den Drei Rosen sehen die Felsen und Bäume echt kurios aus. Ein starker Kontrast von dunklem Fels und weißem Schnee. Herrlich! Und wenn wir einmal hier sind, wird noch schnell ein Bild von der Albrechtsburg und dem Dammweg gemacht. Das hat schon fast Tradition.
Wir bleiben hier nicht lange. Es ist reger Berufsverkehr auf der Straße und auch dem Fußweg. Das ist nichts für den Hund und auch nicht unbedingt für mich und wir gehen über schnell den Dammweg Richtung neue Brücke. Kurz vorm Winterhafen müssten wir eigentlich über die neue Brücke gehen, um zum Kloster Heilig Kreuz zu gelangen. Doch von hier sieht man schön das Felsmassiv an der Knorre und wie dieses Wintermärchen herrlich verschneit mir zuruft: „Komme hier her, lieber Fotograf. Unsere Märchenlandschaft erwartet dich sehnsüchtig“ Wie letztens die Krokusse in Altzaschendorf, könnt ihr euch erinnern?
Ich kann dem Anblick und dem Zuruf nicht widerstehen. Die Landschaft sieht auch wirklich extravagant schön aus heute. Auch der Winterhafen liegt unter einen weißem Winterkleid und macht heute seinem Namen alle Ehre.
Der Weg bis zur Knorre zieht sich heute ganz schön in die Länge. Das liegt zum einen daran, dass ich sehr viele Fotos mache und zum anderen daran, dass ständig Schneematsch unter meinen Stiefeln hängen bleibt. Denn wirklich kalt ist es nicht und der Schnee erscheint sehr nass und schwer. Deshalb bleibt er wohl auch überall wie Leim kleben und lässt mich stellenweise wie auf Eiern laufen.
Auf dem ganzen Weg bis zur Knorre kommt mir kein Mensch entgegen. Auch an der Knorre selbst scheint das Hotel tief im Winterschlaf zu verharren. Ein paar Meisen fliegen um die nicht wenigen Futterhäuschen herum. Sie sind die einzigen, die hier in Bewegung scheinen.
Wir machen uns jetzt auf in den Märchenwald, der uns von weiten schon irgendwie zu rufen schien. Und wahrlich wirkt der Anfang in den Wald wie ein Tor in eine andere Welt. Vielleicht kennt ihr ja die Chroniken von Narnja und wie Lucy beim Versteck spielen diesen alten Kleiderschrank findet. Dieser Schrank ist aber kein gewöhnlicher Schrank, sondern ein Tor in die Fantasiewelt Narnja, wo die böse Eiskönigin das Land seit Jahren in einer Winterstarre ohne Frühling und Sommer verharren lässt.
Ich quäle mich den Berg zur Benno-Kanzel hinauf. Das Problem daran ist nicht die Kondition oder etwas fehlende Kraft in den Beinen, sondern der Weg, der mit dem vielen Schnee eins geworden ist. Alles ist hier weiß und mit einer dicken Schneedecke bedeckt. Viele kleinere Bäume, sowie auch Äste der größeren, hängen durch die Last des Schnees nach unten durch. Der Schnee, der selbst die kleinsten Äste bedeckt, wirkt wie das Laub im Sommer, welches das Licht im Wald enorm eindämmt. Oben angekommen, sieht das ganze Schauspiel noch imposanter aus. Hier sieht man den Wald vor lauter Schnee nicht mehr.
Wir verlassen die Benno-Kanzel mit ihren wunderschönen, winterlichen Eindrücken. Unsere nächste Station soll Schloss Proschwitz und der dazugehörige Schlosspark sein. Ich bin gespannt, wie es dort heute aussieht. Auf dem Weg dorthin fällt mir auf, dass der Wind und die Temperatur schon von vielen Bäumen den Schnee verschwinden lassen hat. Im proschwitzer Schlosspark angekommen, sieht man dieses Schauspiel noch etwas genauer. Der obere Teil vieler Bäume ist schon vom Schnee befreit, wobei der untere Teil noch mit einer dicken Schneeschicht bedeckt ist. Der proschwitzer Schlosspark ist immer sehr attraktiv in seinem gesamten Erscheinen. Etwas bedrückend wirkt heute sein Erscheinungsbild, was keineswegs seine Attraktivität mindert. Schnee bewirkt oft etwas ganz besonderes. Er legt das Land in eine tiefe melancholische Grundstimmung. In der Stadt fällt das meist gar nicht so auf. Dort ist es oft unnatürlich wärmer und der Schnee wird geräumt. Dazu kommen die vielen bunten Farben der Geschäfte und Fassaden.
Doch auf dem Land bewirkt der Schnee, dass er selbst die letzten Reste Farbe in Luft auflöst. Das ist meist das Grün und Orange auf den Wiesen und Feldern. Dadurch entsteht ein Schwarz-Weiß-Bild, was vielen im Winter so die Stimmung verdirbt. Schwarz und Weiß sind ja bekanntlich keine Farben. Es sind stimulierende Grautöne, die Emotionen wecken und Gedanken vertiefen. Deshalb grübeln wir so oft im Winter und verfallen dabei in die bekannten Winter-Depressionen.
Es ist an der Zeit, den Heimweg anzutreten. Dafür gibt es nicht viele Möglichkeiten. Entweder denselben Weg zurück, den Katzenstufen runter oder den kürzesten Weg über den Heiligen Grund. Da ich lange auf den Beinen bin, wähle ich vorerst den kürzesten Weg, biege aber unten am Proschwitzer Weg auf den Hainweg ab, um dann doch den Rest des Heimwegs am Elberadweg zu verbringen. Hiermit endet dieser winterliche Ausflug zum meteorologischen Frühlingsanfang. Jetzt, eine Woche später, liegt zwar kein Schnee mehr, aber der Frühlings lässt immer noch auf sich warten.
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