Die Nutria an der Elbe in Meißen – Wo ist das Jungtier abgeblieben?

Nutria mit Jungtier an der Elbe in Meißen

Biber oder Nutria? Wenn man so in die Runde hört, wenn Menschen an der Elbe die Nutria beobachten, ist sehr oft das Wort Biber zu vernehmen.

Das ist nicht verwunderlich oder gar mit Unwissen gleichzusetzen. Den Nutria gibt es zwar schon eine ganze Weile in unseren heimischen Gefilden, aber seine Vermehrung hielt sich bisher in Grenzen. Da der Nutria grob große Ähnlichkeit mit dem Biber aufweist, umgangssprachlich auch Biberratte genannt wird, kommt es oft zu dieser Verwechslung.

Aber Nutria haben mit dem Biber kaum etwas gemein. Sie gehören zu der Familie der Stachelratten und sind ohne Rang Mehrschweinchenverwandte. Ihr eigentliches Vorkommen sind die subtropischen und gemäßigten Gefilde Südamerikas und sind um 1930 erst in die Vereinigten Staaten, dann durch Pelztierfarmen nach Europa gekommen.



Weil die Winter normalerweise in unserer Gegend sehr streng sind und die Nutria klimatisch eher mildes Wetter für die Fortpflanzung benötigen, war die bisherige Vermehrung geringfügig und die Nutria für uns eher weniger sichtbar. In den letzten Jahrzehnten wurden die Winter milder und die Vermehrung der Nutria nimmt deshalb stetig zu. An der Elbe in Meißen können wir dieses Phänomen gut beobachten. Ein Nutria scheint hier mit seinem Nachwuchs ganz gut durch den Winter zu kommen.

Die Unterscheidung zwischen Biber und Nutria ist eigentlich keine große Sache. Der platte Schwanz des Bibers ist charakteristisch, während die Nutria eine runden langen Schwanz besitzen. Das Nutria ist außerdem über seine knall-orangen Zähne und den weißen Barthaaren zu erkennen. Beides sind leuchtende Merkmale des Nutria und lassen sich gut merken. Die orangenen Zähne bilden sich übrigens durch die Ansammlung von Eisen und haben nichts mit mangelnder Zahnpflege zu tun.

Die Nutria können 2-4 Jahre alt werden und bis zu 4-8 Junge im Jahr zur Welt bringen. Sie leben meist monogam, was bedeutet, dass Paare ihr ganzes Leben zusammen bleiben. Sie fressen ausschließlich Grünzeug und können keine Bäume wie die Biber fällen! Ihre Beißkraft ist dafür zu gering.

Nutria können sich schädlich auf die einheimische Flora und Fauna auswirken. Dies ist dann der Fall, wenn geschützte und seltene Pflanzen im Revier der Nutria vorkommen, wie z.b. die Wassernuss oder die sogenannte „Schneide“, eine Röhrichtart in NRW. Problematisch ist auch die Art und Weise, wie Nutria ihre Baue anlegen. Durch die Ausweitung des Deichbaus, nutzen die Nutria eben diese als Bebauungsgebiet und unterhöhlen so oft die unnatürlich angelegten Erdhügel, was zu extremen Schäden führen kann und somit den Hochwasserschutz gefährdet.


Hohe Sterblichkeitsrate bei Jungtieren

Nachdem viele Meißner lange Zeit einen ausgewachsenen Nutria mit Jungtier an der Elbe beobachten konnten, ist seit geraumer Zeit nur noch das ausgewachsene Tier zu sehen. Es ist nicht verwunderlich, dass Jungtiere das erste Jahr nicht überleben. Man spricht von einer Sterblichkeitsrate von 80 Prozent im ersten Lebensjahr. Dazu kommen Fressfeinde wie Greifvögel, Fuchs, Graureiher oder sogar Krähen. Auch Katzen und freilaufende Hunde können Jungtiere erbeuten.

Putzige Tierchen

Es macht vielen Menschen Spaß, die Nutria in ihrem Umfeld zu beobachten. Ihr Aussehen und ihre Gestik ist wahrlich putzig. Sie wirken gesellig und zutraulich. Sie erscheinen witzig und intelligent und lassen sich, im Gegensatz zu den Schwänen und anderen Vögeln, nicht auf Streitigkeiten ums Futter ein. Das Motto scheint zu lauten: Streiten sich zwei, so freut sich der Dritte.

Nichtsdestotrotz sind auch Nutria Wildtiere und müssen differenziert betrachtet werden. Zusehen, Fotografieren und sich daran Erfreuen ist eine wunderbare Sache. Nutria mit Brot in rauen Mengen zu füttern, ist absolut keine gute Sache und kann ebenfalls für den Tod des Jungen verantwortlich sein. Bei unseren milden Wintern muss überhaupt kein Vogel oder Nager zwingend an der Elbe gefüttert werden, auch wenn es für Kinder ein aufregendes Erlebnis ist.

Nutria können mit kleinen Möhrenstücken oder Salat gefüttert werden. Wenn mit Brot gefüttert wird, dann bitte in ganz kleinen Stücken und Mengen. Es ist immer schauderhaft mit anzusehen, wie kleine Stockenten versuchen, halbe Brötchen herunterzuschlingen, während Möwen und Gänse ihr noch ans Leder wollen. Mit dem Überfüttern erreicht man übrigens das Gegenteil. Ich kann den guten Willen nachvollziehen, aber Wildtiere sind keine hilflosen Geschöpfe, denen wir Futter aus dem Supermarkt in rohen Mengen reichen müssen.

Nutriafleisch als Delikatesse?

Nutriafleisch gilt bei Kennern als Delikatesse. Als die Pelztierfarmen noch nicht in Verruf waren, gab es bei vielen Fleischern Nutriafleisch im Angebot. Ich persönlich stehe dem Verzehr von Fleisch nicht zwingend kritisch gegenüber. Die Jagd und der Verzehr von Fleisch ist ein wesentlicher Faktor für die Entstehung und Entwicklung des Menschen. Kleidung und Nahrung wurden daraus gewonnen. Heute wird dahingehend oft argumentiert, dass wir das ja nicht mehr nötig hätten. Dabei vergessen viele, dass Synthetische Kleidung ebenfalls sehr umweltschädlich ist und unter ausbeuterischen Verhältnissen hergestellt wird.

Natürlich ist der Umgang mit den Tieren und auch die Ausgewogenheit zu berücksichtigen. Ich muss nicht jeden Tag Fleisch essen und ich brauche auf keinen Fall einen Biberpelz auf dem Kopf. Massentierhaltung ist ganz klar zu kritisieren. Eine sinnlose Trophäenjagd ebenso. Ich persönlich muss weder Krokodil, Känguru noch Nutriafleisch probieren. Unser Tisch ist reichlich und ausgewogen gedeckt. Ich würde es aber auch nicht ausschlagen, wenn es mal zufällig dazu kommt und es mir angeboten wird.

Was ich mir aber nicht vorstellen kann ist, dass irgendwer das Jungtier vom Elbufer weggeschnappt und es in die Pfanne gehauen hat. Vielleicht ist es auch einfach pflügge geworden und hat sich einen anderen Platz gesucht.

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