Das Kornhaus: Verwunschene Lichtmomente

Kurz bevor die Abenddämmerung anbricht und die tiefstehende Sonne ihre letzten Strahlen auf die Reise zu uns schickt, erstrahlt das Kornhaus in einem Glanz, der nicht aus lupenrein geputzten Fenstern und Fliesen besteht. Der Lack blättert an den schön geschwungen Fenstern und Türen ab. Dicke, graue Spinnweben hängen in den Ecken. Efeu hat sich an der hohen Fassade bis ganz nach oben ausgebreitet und bedeckt zum Teil auch die Fenster. Kein Ort, der irgendwie einladend wirkt. Und trotzdem versprühen solche verlassenen und verwunschenen Ort einen enormen Zauber.

Wie kann ich euch diesen Zauber neben den Fotos am besten beschreiben? Jeder von uns würde Spinnweben, alten Lack und Efeu entfernen. Fenster würden geputzt und alles irgendwie sauber gehalten. Zu unserer heutigen Architektur passt das auch. Alles wirkt steril und geradlinig. Alles ist auf die Notwendigkeit reduziert. Neue Gebäude wirken oft wenig stimmig auf ihre Umgebung. Alles wirkt gleich und nach DIN-Norm gestaltet.

Dieser Eintönigkeit begegnen wir immer mehr. Sei es Krankenhäuser oder Bahnhöfe, Kinos oder Einkaufsmeilen. Steife Betonklötze machen Landschafts- und Stadtansichten kaputt. Ich glaube, dass diese Eintönigkeit und Disharmonie einigen Menschen immer mehr auf das Gemüt schlägt und deshalb solche Bilder und Orte immer beliebter werden. Dabei geht es natürlich nicht um den Schmutz und das alles dreckig sein soll. Der Schmutz ist nur ein Beiwerk, der das Verlassene und Vergessene unterstreicht. Er unterstreicht den Ort auch in seiner Endlichkeit, die ihn irgendwann widerfährt, wenn wir ihn verfallen lassen.

Ich glaube, vielen ist gar nicht klar, was das bedeutet. Ein altes Landkrankenhaus oder ein Hamburger Hof ist in seiner Architektur einzigartig. Verfällt so ein Gebäude, und so sieht die Realität gerade aus, wird nichts vergleichbares mehr danach entstehen. Es ist weg und ein neuer nach DIN-Norm geplanter Betonklotz wird gebaut. Beispiele dafür gibt es mehr, als das solche Gebäude neu saniert und genutzt werden.

Aber passt dieser Trend in eine Umgebung wie Meißen, die für seine Altstadt und Geschichte bekannt und berühmt wurde? Stück für Stück wird das Stadtbild so verändert, dass auch immer mehr ein Stück Flair der Stadt verloren geht. Diese vergessenen Gebäude haben, wie viele andere Dinge auch, keinen greifbaren Mehrwert, weil nur in materiellen Dimensionen gedacht wird. Natürlich stehen sie leer und erwirtschaften nichts. Aber sie sind symbolisch in den Köpfen der Menschen verankert. Sie beinhalten Erinnerungen und prägten das Stadtbild über Jahrhunderte. Wie immer ist der Wert nicht greifbar und deshalb wird er auch nicht berücksichtigt und in unser Denken eingebunden.

Ich möchte diesbezüglich ein kleines Beispiel nennen. Werden die Neumarktarkaden jemals so oft fotografiert wie die Albrechtsburg, die Frauenkirche oder damals der Hamburger Hof? Warum fotografieren Menschen so gern diese Gebäude? Weil sie etwas in ihnen auslösen und Ausstrahlung besitzen. Das ist vor allem aus dem Grund so, weil sie eine nicht gewöhnliche Architektur besitzen und eine lange Geschichte aufweisen. Eben weil sie nicht einfach abgerissen wurden und so lange erhalten blieben. Und immer wieder wird auch in den Altstädten dieses harmonische Bild zerstört. Ein Gutes Beispiel dafür Ist Freiberg. Auf dem Markt, der umgeben von einer wunderschönen Altstadt ist, werden halbe Stadionlichter montiert, die auch noch den Weihnachtsmarkt beleuchten.

Irgendwie ist jetzt das Verwunschene wie es in der Überschrift steht ziemlich untergegangen. Jetzt passt alles irgendwie nicht mehr zusammen. Egal. Ich wollte aber auch gar nicht so viel dazu schreiben, bin aber irgendwie in einen Schreibfluss geraten. Nicht zu vergessen ist all bei meinen Ausführungen, dass Meißen wunderschön ist und auch viel positives erfahren hat. Und nicht nur die Altstadt. Mir gefällt auch das Triebischtal. Ja, auch Meißen Cölln gefällt mir mittlerweile richtig gut. Ich wohne ja nicht umsonst da. Trotzdem finde ich die Entwicklung teilweise nicht schön. Gewisse Dinge sollten erhalten bleiben und der Fokus darf nicht nur auf der Notwendigkeit liegen. Wir sind ja kein armes Land, auch wenn das oft so dargestellt wird. Es sind Prioritäten, die uns als Notwendigkeit verkauft werden. Ob sie notwendig sind und wirklich einen Mehrwert bedeuten, ist wieder eine andere Frage.

Kommen wir nun zu den verwunschen Lichtmomenten aus dem Kornhaus, die irgendwie nicht mehr zum Thema passen 🙂

p.s.: Nicht vergessen! Zur Langen Nacht 2017 in Meißen gibt es im Kornhaus Führungen und eine Ausstellung von mir. Und das zwischen Spinnweben, alten Putz und dreckigen Fenstern 😉 Info: Klick

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