Ich habe mich am 8.1.2024 auf den Brücken von Meißen mal fotografisch umgesehen. Teilweise habe ich mich auch unterhalten und immer wieder tauchte dabei, auch im Netz, die Argumentation auf, die Landwirte, die übrigens sehr wenig vertreten waren, würden auch für mich diese Proteste führen.
Ich kann das auf der einen Seite nachvollziehen, da dieser Kreislauf ziemlich viele Baustellen betrifft und viele Probleme entstanden sind. Schwierig wird es aber, wenn ich mir dann so meine Erfahrungen der letzten Jahre vor Augen führe und diese nun bewerte.
Dabei stoße ich unwiderruflich auf das Thema Produktionen ins Ausland verlagern, Billigimporte aus China, dazu Lebensmitteldiscounter die wie Pilze aus dem Boden schießen. Im Gegenzug sind aber auch viele Hofläden entstanden, die, was ich so mitbekomme, gar nicht so schlecht laufen.
Kommen wir mal zu meinem Anliegen, was ich in den nächsten Abschnitten mit anderen Beispielen vermischen werde. Fotografie, digitale Kunst und etwas Literatur. Der Beruf Fotograf ist nicht geschützt. Heute kann sich jeder Fotograf nennen, der irgendwie eine Taste bedienen kann. Ich selbst bin völlig ungelernt und kein Fotograf. Mich so zu nennen empfinde ich eigentlich nicht richtig und als Hohn gegenüber gelernten oder gar studierten Fotografen. Aber so ist das heutzutage. Konkurrenz belebt das Geschäft, oder?
Jedoch gehen viele heutzutage auch nicht mehr zur Fotografin oder dem Fotografen, außer sie brauchen Passfotos. Sonst drucken wir unsere selbst gemachten Fotos wieder billig im Discounter aus. Was ist eigentlich aus dem beliebten Tante-Emma-Laden geworden? Warum haben diese nicht protestiert und warum sind heute daraus Hofläden geworden, in denen Menschen nun doch mehr Geld für Lebensmittel bezahlen?
Update: Auch heute werden Passfotos schon in den Discountern gemacht.
Erst vor kurzem hat der kleine Einkaufsmarkt am Plossen zugemacht. Wir reden ja immer von einer Zukunft, die Fortschritt mit sich bringt. Aber was ist denn daran ein Fortschritt, wenn Einkaufsmöglichkeiten für ältere Menschen, oder wahlweise z.b. Sparkassenautomaten, immer mehr wegfallen? Was sagen dann die Verantwortlichen dazu? Wir müssen sparen. Es werden sozusagen Einsparungen gemacht. Ein Fortschritt ist das für die gesamte Gesellschaft aber nicht.
Spätesten ein Jahr nach Corona sinkt die Nachfrage nach Fotografie. Dabei spielt, und das sage ich anhand von vielen, vielen Beispielen, die Meinung des Fotografen eine große Rolle, wie eben auch Corona und seine Auswirkungen selbst. Regionale Händler und Künstler unterstützen? Aber bitte nur mit passender Meinung, oder gar keiner. Immer wegducken, still sein, sein Ding machen, nicht auffallen.
Soll ich Euch noch etwas erzählen, was man mir damals gesagt hat, als ich die Löhne im Handwerk kritisiert habe? Vorher wurde mir von vielen Seiten das Handwerk schmackhaft gemacht und wie gut ich dort bezahlt werden würde. Nach meiner Ausbildung wurden mir sage und schreibe 6 Euro Stundenlohn in einer Leihfirma angeboten. Als Fachkraft, versteht sich. Hättest doch was Anständiges gelernt, war die Argumentation von vielen. Man muss immer den Markt im Auge behalten und zur Not eine Weiterbildung oder Umschulung machen. Heute fehlt es an allen Ecken an Fachkräften. Warum das wohl so ist?
Ok, gesagt, getan. Natürlich auf eigene Faust als Fotograf. Ach, das wird doch eh nichts. Schuster, bleib bei Deinen Leisten. Fotografieren kann ich auch, das kann doch heutzutage jeder. Das ist keine Spinnerei. Das waren alles Ansichten, die ich von realen Personen, überwiegend wieder aus der konservativen und liberalen Ecke, gesagt bekommen habe. Und die Unterstützung vom Staat? Mir wurde willkürlich Geld für Miete und Lebensmittel gestrichen, weil ich keinen Job als Lagerarbeiter, Nachtschicht versteht sich, angenommen habe. Am Ende zu 100 Prozent sanktioniert mit Lebensmittelmarken, aber zum Glück auch passende Einnahmen durch die Fotografie. Die Kürzungen waren aber alle sanktioniert und nicht durch die Einnahmen entstanden. Das muss man sich mal ganz genau überlegen und darüber nachdenken, was das bedeutet.
Und heute? Wo glaubt ihr, liegt heutzutage die Armutsgrenze? Grob bei 1200 Euro netto, wenn ich mich nicht verlesen habe? Herzlichen Glückwunsch, Herr Fotograf, sie liegen nach allen Abzügen um einiges darunter. Gut, jetzt könnte es sein, dass ich schon wieder zu blöd zu etwas bin und ich absolut keinen Plan von dem habe, was ich da mache. Ich muss aber sagen, die lieben Worte, der Zuspruch, den ich immer erhalte, sagt mir eigentlich etwas anderes. Nun verkaufe ich halt keine Bratwurst oder Wein. Die sind relativ und kurz gesehen billiger und verschwinden schnell irgendwo im Abwasser. Das braucht man halt auch öfter, das Delirium und nebenbei wird das halt auch noch subventioniert.
Nicht zu vergessen sind die vielen Tonnen Lebensmittel die im Müll landen. 11 Millionen Tonnen sind das durchschnittlich im Jahr in Deutschland. Das sind im Mittel 78 Kilogramm pro Kopf im Jahr. Weltweit sind es sage und schreibe 931 Millionen Tonnen! Das ist viel subventioniertes Geld und viel schwere Arbeit durch Landwirte, oder Helfer aus Nachbarländern, was da in die Tonne geworfen wird, während wir von Armut im Land sprechen. Das müssen wir uns mal ganz genau überlegen, ob wir hier nicht doch teilweise etwas überreagieren, oder weiß jemand von Euch, was wirklicher Hunger ist?
Ich kann es aber auch voll nachvollziehen. Ich könnte mich ja selbst nicht leisten. Was für eine Ironie. Dabei schaue ich immer ganz genau, wer anfragt und wie das Budget aussieht. Aber, und das ist ein weiterer Punkt, ich benutze auch keine fremden Fotos und mache z.b. mit denen ungefragt Werbung auf Flyern. Das habe ich erst letztens und schon wieder auf dem Weihnachtsmarkt gesehen. Aber auch davon habe ich schon oft geschrieben. Es interessiert halt niemanden.
Ich bin ehrlich. Ich bin auch nicht systemrelevant. Die Bratwurst und der Wein auf jeden Fall. Ich werde mir auch überlegen, ob ich noch kostenfrei Bilder in den sozialen Medien zeige. So als Protest, mit dem ich mich womöglich lächerlich mache und Spot auf mich ziehe. Der dumme Junge der an etwas geglaubt hat. Wie naiv konnte der sein und glauben, mit Qualität überzeuge man heute, wenn es doch Billiganbieter gibt.
So werde ich es machen. Wenn es Bilder von mir gibt, dann nur noch direkt auf meinem Blog als Artikel. Der ist zwar auch kostenlos, aber ich generiere vielleicht noch paar Cent Einnahmen durch Werbung. Die hat man im Übrigen jetzt auch eingeschränkt und der Besucher muss zustimmen, ob diese angezeigt werden darf, oder nicht. Seit 2 Monaten sind auch dort die Einnahmen um 80 Prozent gesunken.
Die vielen Fotos und Texte auf Facebook, alle mühsam gemacht und bearbeitet, in unendlichen Stunden ohne Lohn. Aber das ist auch egal. Es gibt genug Seiten mit kostenlosen Bildern von Meißen und der Umgebung. Vielleicht ein bisschen schief und verwackelt, aber für die kleinen Displays am Handy völlig ausreichend. Für den Flyer oder der nächsten Broschüre reicht es ebenso. Ausgedruckt sind die Bilder bei Rossmann auch schnell und in lohnender Qualität, das ist alles gar kein Problem.
Zum Abschluss noch eine kleine Geschichte aus dem Leben eines armen Fotografen. Das klingt gut: der arme Fotograf aus Meißen. Das hätte ich als Überschrift nehmen sollen, um Mitleid zu erregen. Schon Carl Spitzweg wurde damals für seinen armen Poeten in der alten, kleinen Dachstube, in der es hereinregnet, belächelt. Heute wieder aus der Zeit gefallen, aber immer wieder sehr beliebt. Carl Spitzweg war zwar ein genialer Maler der gern Kitsch malte, er war vor allem Realist und auch Satiriker, was die wenigsten wissen. Also das, was auch heute nicht wirklich gern gesehen ist und zu gern belächelt wird.
Ich für meine Zwecke bezeichne mich nicht als arm. Ich hätte diesen Text auch gar nicht geschrieben und veröffentlicht. Das habe ich nur getan, weil es womöglich gerade die Zeit dafür ist. Ich bin auch nicht unbedingt unzufrieden. Unzufrieden machen mich Proteste und Geschrei, die wenig Bezug zu wirklicher Armut haben, auch wenn ich das persönlich nicht einschätzen kann und hier nur subjektiv reagiere und auf keinen Fall alle über einen Kamm scheren will.
Das war aber gar nicht meine Geschichte, die ich erzählen wollte. Ich wollte vom Grünmarkt in Meißen berichten. Dort erlebe ich immer einen älteren Herrn. Der kommt mit bisschen Gemüse aus seinem Garten im Trabi angefahren. In alter und ziemlich abgenutzter Jeanshose und Hemd steht der nun stundenlang da und verkauft sein Gemüse. Auf mich wirkt das immer bemitleidenswert, was es aber gar nicht ist. Das wenige Gemüse was er dort verkauft, was wahrscheinlich zusätzlich seine Rente aufstockt, würde ja hinten und vorne nicht reichen. Aber er steht da. Ruhig, lächelnd und ohne Lobby.
Auf dem Grünmarkt habe ich dann noch Andreas, den Blumenverkäufer und Herrn Büttner, den älteren der beiden Landwirte, kennengelernt. Ich weiß nicht wie diese Menschen zu den Protesten stehen. Ich weiß aber, dass diese Menschen sehr bodenständig, respektvoll anderen gegenüber und auf keinen Fall schlechte Menschen sind. Vielleicht müssen wir, und ich mit, aufpassen mit einfachen Bewertungen. Wir müssen aber auch genau hinschauen, wem wir hinterherlaufen und wie die Realität denn wirklich aussieht. Ganz wichtig ist, Auge in Auge zu kommunizieren. Das Internet ist ganz oft nicht dafür geeignet, auch nicht für Bewertungen eines realen Menschen und seines Charakters. Viele laufen nur blind irgendwelchen Internetgeistern hinterher und wiederholen deren Parolen.
Wer Lust hat, kann den Lebensmitteltest mal machen und in seinen Kühlschrank schauen, von wo seine Produkte kommen. Oder beim Brot. Ich bin mir sicher, viele werden nach eigener Recherche feststellen, dass diese Produkte/Zutaten entweder durch Großkonzerne billig produziert werden und der Landwirt gar nicht von hier ist und billig entlohnt wird, während dann natürlich Subventionen fällig werden, um alle Kosten abzufangen.
Es ist eben, wie es ist. Regionale Produkte und Erzeuger sind wichtig und richtig. Nur wer kann es sich wirklich auf Dauer leisten? Ich bin der Meinung, irgendwo ist der Wurm drin.
Vielen Dank an alle Unterstützer!