Am letzten Wochenende sind wir spontan auf Entdeckungstour gegangen, ohne ein festes Ziel, oder eine wirklich visuelle Vorstellung von einem verlassenem Ort zu haben. Oft ist das enttäuschend, manchmal aber auch umso spannender, wenn gewisse Orte im Nachhinein eine solch wunderbare und vielseitige Geschichte offenbaren.
Mit Schätzen sind dann natürlich auch keine Goldbarren oder Wertgegenstände gemeint, sondern die Geschichte des Gebäudes und ihre Bewohner, auch wenn dabei das ein oder andere Schmuckstück industrieller Geschichte aus der Meißner Umgebung zum Vorschein kommt, wie in diesem Fall.
Das alte Bauernhaus wurde vor über 100 Jahren erbaut und gehört zu einem Vierseithof. Aus alten Adressbüchern geht hervor, dass der Besitz immer in der eigenen Familie blieb und an die nächste Generation weiter gegeben wurde, so wie das damals eben üblich war.
Nach dem Bau der Mauer und der Enteignung der Bauern, wurde hier sicherlich eine LPG installiert und betrieben, was jedoch nur eine Vermutung darstellt, da ich keine Belege dafür finden konnte. Der Augenschein um das Objekt lässt diese Vermutung jedoch zu.
Ein Futterdämpfer der Firma Buschmann aus Lommatzsch
Das sich im Verfall befindende Gebäude birgt in seinem Inneren sehr viele interessante Eigenschaften. Natürlich wurde auch hier wieder traditionell randaliert und viel kaputt geschlagen, aber einige Elemente aus sehr frühen Zeiten sind noch vorhanden. So fanden wir hier einen alten Futterdämpfer der Firma Moritz Buschmann aus Lommatzsch, den man grob auf die Jahre 1930-35 datieren kann. Daneben gesellt sich eine Art Kachelofen, der mich an die typischen Meißner Teichert-Fliesen erinnert. Ob das wirklich stimmt, kann ich Euch aber nicht garantieren.
Küchenhexen – Die Wächter vergessener Orte
Auf jeden Fall ist dieses Gebäude, was sicher viele als Schrott bezeichnen würden, einen genaueren Blick wert. Es zeigt immer noch sehr schön, wie einfach und sporadisch damals Menschen gelebt und auch überlebt haben. Ich bin ja der Meinung, Gemütlichkeit geht vor Luxus und Standard, auch wenn ich den heutigen Standard zu schätzen weiß. Doch irgendwie scheint dieser Luxus aus uns kleine Prinzessinnen und Prinzen zu machen, die bei jeder Kleinigkeit, oder Verzicht, große Tränenwellen schlagen. Was ich aber auch niemandem vorwerfe, denn wenn etwas Standard ist, wird es zur Regel und damit zur Gewohnheit. Jetzt schweife ich aber vom Thema ab. Jeder soll sein Ding machen. Dabei wäre jedoch ein Blick zurück, und wie vielleicht selbst unsere Großeltern gelebt haben, von Vorteil. Jammern über fehlendes Klopapier? Diese Generation hatte teilweise viel, viel größere Sorgen als den Gedanken, womit Sie sich den Hintern abwischen sollen.
Einen weiteren kleinen Schatz, den es in fast jedem verlassenen Ort dieser Art gibt, ist eine Küchenhexe. Ich glaube, jeder Urbexer weiß, wovon ich rede. Ein Lost Place kann noch so leer und verfallen sein, eine Küchenhexe ist fast immer vorhanden und bietet oft ein ansehnliches Fotomotiv. Man könnte auch sagen, Küchenhexen sind die Wächter vergessener Orte und könnten wie Bäume, wenn sie denn sprechen könnten, schöne und traurige Geschichten über das vergangene Leben der Bewohner erzählen.
In dem alten Bauernhaus befindet sich ein ebenso schönes Exemplar aus dem Eisenwerk Wittigsthal, dessen Geschichte bis auf das Jahr 1651 zurückgeht und bis heute existiert. Eine beachtliche Zeitspanne. Wem die komplette Geschichte interessiert —> Geschichte der der Firma Wittigsthal
Der Trabant 601
Ein weiterer Abschnitt unserer Geschichte, vor allem der Ostdeutschen, fanden wir in der alten Scheune des Grundstücks. Ein alter Trabant 601, soweit gut in Schuss und im typisch himmelblauem Farbgewand. Auch Trabis sind manchmal Beiwerke in verlassenen Orten. Nicht oft, aber es kommt vor. In solch einem Zustand ist das jedoch sehr selten. Der Innenraum ist fast voll ausgestattet. Sammler und Liebhaber können sich sicher kaum vorstellen, dass dieses Stück hier so einsam vor sich hin oxidiert. Aber manche Dinge gehören irgendwie an bestimmte Plätze. Der alte Trabi passt irgendwie perfekt an diesen Ort und rundet ihn in der Gesamtheit ab. Es soll also wahrscheinlich so sein und es ist gut so.
Wie ihr seht, dann kann so ein fast verfallenes Haus einige Überraschungen beinhalten. Der Wert als Immobilie ist sicherlich gering, aber als geschichtliches Gesamtpaket kaum bezahlbar. Zwar wissen wir nichts über all die Erinnerungen und Erlebnisse, die Familien in diesem Haus über lange Zeit gesammelt haben, aber sie sind trotzdem wahrnehmbar und irgendwie vorhanden. Solche Zeitreisen sind immer spannend und eine gute Erklärung für so manche Fragesteller, warum man denn in solche alte Gebäude geht und dort Fotos macht. Dazu sei gesagt, es gibt keinen besseren Film oder Buch, als solch einen Ort wahrzunehmen. Natürlich muss dafür auch etwas vorhanden sein, wie in diesem Fall.
Vielen Dank für den Besuch meiner Seite und ich hoffe, Euch hat es wieder gefallen.
Hallo und vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag. Zunächst sind es am kleinen Ofen links keine Fliesen sondern Kacheln. Also ich vermute hier nicht Teichert sondern eher die SOMAG, was ja am Ende auch indirekt mit Teichert zu tun hat. Ach, da wir gerade von Teichert reden, in Meißen gibt es noch einige Zierbrunnen deren Verkleidung einst von Teichert hergestellt wurden. Aber das ist ein anderes Blatt. Grüße von Reiner oder Numismatikus vom Triebischtaler