Ich bin eigentlich immer fasziniert von Wetterphänomen und Unwettern. Meist zieht es mich dann erst recht nach draußen. Bei windigem Wetter oder aufziehendem Gewitter sind es meist die Lichtstimmungen und Wolkenformationen. Bei Regen und Schnee die Lichtreflexionen von Straßen oder dem Schnee selbst. Da kann mit einer Langzeitbelichtung die Nacht schnell zum Tag gemacht werden.
Auch gestern hat es mich nach draußen getrieben, aber auch ganz schnell wieder hinein. Gegen 15 Uhr ging ich mit Hündin Shiba noch mal Gassi, da ab 16 Uhr für den Landkreis Meißen Böen bis zu 120 km/h vorhergesagt wurden. Dabei sollte Mensch und Tier nicht mehr draußen sein. Während Shiba umher tollte, machte ich noch ein paar schöne Bilder von den besagten Wolkenformationen. Der Sturm war zu dieser Zeit schon kräftig, aber noch nicht gefährlich. Ich beschloss, Shiba nach drinnen zu bringen und den Sonnenuntergang zu fotografieren. So richtig glauben konnte ich das mit den Orkanböen noch gar nicht, welche sich ab 117,7 km/h so nennen dürfen.
Auf dem Weg zurück viel mir dann etwas ein. Veronica zeigte mir erst vor ein paar Tagen den alten Speicher des Luminohofs und was man von dort oben für eine tolle Aussicht hat. Da werde ich noch mal nachsehen gehen und vielleicht ein paar Fotos schießen. Und ich sollte Recht behalten. Von hier oben gab es wunderschöne Aufnahmen vom Käbschütztal mit einem Mix aus Wolken, Regen und der lieben Sonne….
Aber es gab hier schon richtig satte Windböen, die das alte Gebälk ehrfürchtig zum vibrieren und heulen brachten. Was für eine Stimmung. Beim nach unten gehen gab es dann einen richtig heftigen Ruck und ein lautes Knallen. Hier flogen sicher schon die ersten Dachziegel davon.
Noch motiviert von dem schönen Anblick aus der Dachluke des alten Speichers, ging ich zielstrebig nach draußen. Auch hier heulte der Sturm um einiges heftiger als vorher beim Gassigehen. Wieder ein Knallen und Rauschen. Jetzt hat sich ganz sicher ein Dachziegel gelöst, denn ich habe ihn fliegen sehen. Es wurde Zeit, wieder nach drinnen zu gehen. Den Sonnenuntergang kann ich nämlich auch von da aus schön beobachten und fotografieren.
Aber erst war es an der Zeit, Nicole anzurufen. Sie ist nämlich schon auf dem Weg nach Hause. Und das bei diesem Sturm. Der Zeitpunkt passte. Sie erklärte am Telefon etwas verschreckt aber bestimmt, dass es keine Möglichkeit gäbe, den Luminohof zu erreichen. Überall würden umgestürzte Bäume die Straßen versperren. Sie müsse in Meißen übernachten….
Nach dem Telefonat verstärkte sich der Sturm weiter und selbst hier in einem geschlossenen Raum war es eine extreme Lautstärke. Ein paar Äste knallten gegen die Fenster. Es waren aber keine Äste die vom Sturm losgelöst wurden, sondern von den Bäumen, die nah an der Hauswand stehen. Als würde jemand an das Fenster klopfen. Plötzlich schreckte Shiba auf, die ihren Platz im Schlafzimmer hat. Die Gardinenstange ist heruntergefallen. Wie geht das? Nach dem genaueren Hinsehen sah ich, wie das obere Kippfenster sich nach innen wölbte und der Wind durch pfiff. Das will doch hoffentlich jetzt nicht kaputt gehen? Es würde mich nicht wundern bei dem enormen Druck, aber ein kaputtes offenes Fenster wäre jetzt nicht wirklich schön.
Ich stieg also auf den Stuhl und schaute noch genauer hin. Das Problem war schnell erkannt. Ein Schließriegel, diese kennt ihr sicher von diesen alten schönen Fenstern, war locker und ließ deswegen den Wind durch pfeifen. Das Probleme sollte schnell gelöst sein. Ich holte mir einen Schlitzschraubendreher und versuchte, die Schraube fester zu drehen, damit kein Wind mehr durch pfeifen konnte. Und was passierte jetzt? Ich konnte es nicht glauben, aber beim Festdrehen fiel der Schließriegel komplett ab. Die Schraube war abgebrochen. Währenddessen drückte der Wind gegen das Fenster, was ich nun nur noch auf der einen Seite durch meine Hand fest hielt. Ich merkte richtig, wie der Wind dagegen drückte.
Nun stand ich da oben. Draußen tobte der Orkan und am Horizont ging die Sonne in ihren schönsten Farben unter. Das war doppelt blöd. Wie bekomme ich jetzt diesen blöden Riegel fest? Eigentlich ja keine große Sache. Nur bei diesem Sturm kann ich das Fenster nicht los lassen und seelenruhig eine Schraube suchen.
Dann ein Hoffnungsschimmer. Über dem Fenster waren zwei große Rundhaken leicht in Dübel eingedreht. Ohne Benutzung und einfach zu erreichen. Schwierig könnte hier nur die dreifache Länge zur Schraube werden und die Eindrehung per Hand, während ich weiterhin das Fenster halte, damit es der Sturm nicht eindrückt. Dann ging das Experiment Fenster während Orkanböen reparieren los. Das nächste Problem ließ nicht lange auf sich warten. In dem Loch wo die Schraube festgedreht war, steckte noch felsenfest die abgebrochene Spitze drin. Dort war kein Eindrehen möglich. Also probierte ich mein Glück etwas weiter daneben.
Ich sollte Glück haben. Das Holz war weich und ich konnte mühelos diesen Rundhaken mit der Hand eindrehen. Zumindest so weit, dass eine gewisse Stabilität vorhanden war und ich eine Zange holen konnte, um damit weiter drehen zu können, bis alles wetterfest hielt. Das war eine Aktion!
Danach ging ich aus dem Schlafzimmer in den Flur und Nicole stand vor mir. Sie hat es irgendwie doch geschafft, den Luminohof zu erreichen. Ich bin auch froh das sie kam, denn das Fenster und der tosende Lärm ging mir langsam ganz schön an die Substanz. Was, wenn noch mehr kaputt gehen würde durch den Sturm? Zu zweit ist alles einfacher zu bewältigen. Das hatte mir das Fenster eben gerade gezeigt. Da steht man unbeholfen da und weiß nicht, was man machen soll 🙂
Aber es ist noch mal alles gut gegangen. Wir haben uns dann hingesetzt und einen Wein getrunken. Der hatte uns an diesem Abend besonders gut geschmeckt. Beängstigend waren später noch die vielen Blaulichter, die wir von hier oben in der Ferne sahen.
Hier auf dem Luminohof gab es bis auf ein paar Dachziegel und einer Dachluke keine Personen und Tierschäden. Ich hoffe, euch geht es allen ebenso gut und ihr seid wohl auf!
Der Tag danach in Bildern